Die unbekannte PR-Disziplin: Strategisches Framing

Viele PR-Professionals würden hier schnell unterschreiben: Das Erkennen von Deutungsmustern und die Herstellung von Deutungshoheit gehören zum Standardrepertoire ambitionierter PR-Arbeit – besonders im Bereich der politischen Kommunikation oder der Kampagnenplanung.

Deutungsmuster helfen, unsere Wahrnehmung zu strukturieren und Sinnzusammenhänge herzustellen. Mit ihnen verfügen wir, über medial wie sozial vermittelte Selektionskriterien, um komplexe Probleme und Situationen überhaupt zu verstehen. Für uns als PR-Leute ist es daher nicht ganz unwichtig, Deutungsmuster bei Journalisten wie Medienrezipienten zu erkennen, um für kommunikative Aufgaben pragmatische oder besonders kreative Lösungsansätze zu finden – die im Idealfall natürlich auch ihre gewünschte Wirkung entfallen sollen.

Das klingt auf den ersten Blick banal. Gerade aber bei gesellschaftlich schwierigen und am Meinungsmarkt hart umworbenen Themen wie beispielsweise Energiewende, Demografischer Wandel, Armut, Bildung oder Umbau der Gesundheitssysteme zeigt sich schnell, wie schwer es für die einzelnen Akteure – vom politischen Repräsentanten bis hin zu Unternehmen – ist, Argumente zu ermitteln und Positionen zu erarbeiten, die sich in bestehende Deutungsmuster einpassen, um dann auch von den jeweiligen Zielgruppen akzeptiert zu werden. Oder die vielleicht sogar bestehende Deutungsmuster verändern, um damit die eigene Position am Meinungsmarkt zu stärken oder gar durchzusetzen. Letzteres geschieht natürlich sehr selten und kann – wie das Beispiel Atomausstieg zeigt – auch von extremen Schlüsselereignissen wie der Atomkatastrophe in Fukushima beeinflusst sein.

Medienframes erkennen und strategisch nutzen

In diesem Prozess des – manchmal offen, manchmal auch verdeckt geführten – Meinungswettstreits begegnet man bisweilen dem etwas geheimnisvollen Begriff des Framing. Mit „Frame“ (engl. Rahmen) ist der Bedeutungsrahmen gemeint, innerhalb dessen Sachverhalte auf unterschiedliche Art und Weise wahrgenommen und beurteilt werden. Während sich Agenda Setting damit beschäftigt, Themen am Meinungsmarkt öffentlichkeitswirksam zu positionieren, geht das bei dem eng damit verbundenen „Framing“ um die Frage, wie es Unternehmen oder Non-Profit-Organisationen gelingt, ihre Inhalte und Botschaften den Medien erfolgreich zu platzieren, welchen Bedeutungsrahmen zu einem Thema die Medien ihren Lesern, Hörern und Zuschauern anbieten und last but not least, wie die Medienrezipienten auf Basis ihrer eigenen Erfahrungen, ihres sozialen Umfeld und der angebotenen Medieninhalte ihren eigenen Bedeutungsrahmen konstruieren, d.h. schlicht und einfach, wie sie mit den Themen umgehen.

Strategisches Framing beschäftigt sich damit, Argumente und Positionen so zu konfigurieren, dass sie es in die Nachrichtenauswahl der Journalisten schaffen und die Berichterstattung beeinflussen. Viele Journalisten würden spätestens jetzt hier lautstark protestieren und auf ihre Unabhängigkeit bestehen. Aber nach dem Framing-Ansatz bewegen auch sie sich in journalistischen Frames, die als Arbeitsroutinen eine schnelle Auswahl und Bewertung von Themen ermöglichen. In ihrer Berichterstattung folgen sie ihren eigenen Medienframes, mit denen sie ihre Themen strukturieren, Argumente und thematischen Aspekte gewichten, betonen und hervorheben und damit letztlich damit ihre Story aufbauen. Journalisten ordnen Themen in ihren eigenen Bezugrahmen ein und bestimmen mit der Auswahl an Positionen und Argumenten nicht unwesentlich gesellschaftliche Debatten.

Für uns als PR-Leute ist es daher relevant, diese Entscheidungsmuster zu erkennen und unsere eigenen Argumente, Themenattribute so anzuordnen, dass sie sich in diese Entscheidungsmuster einpassen können und von den Journalisten akzeptiert bzw. überhaupt beachtet werden. Im weiteren Verlauf müssen wir dann im Idealfall beobachten, wie sich die Medienframes auf die Frames der Medienrezipienten auswirken, ob sie dadurch beeinflusst werden oder sich Einstellungen und Meinungen ändern. Während wir Medienframes noch mit Standard-Instrumenten wie der Medienresonanzanalyse beobachten und auswerten können, wird die Beobachtung Rezipientenwirkung durch Tiefeninterviews oder Befragen deutlich aufwändiger und damit auch teurer. Strategisches Framing macht aber Sinn, denn es hilft uns PR-Leuten, nicht am Meinungsmarkt vorbei zu kommunizieren und damit teure Leistungen ohne Wirkung zu produzieren.